Das Bertolotti Syndrom (auch Bertolotti's Syndrom) beschreibt eine angeborene Ausbildung des 5. Lendenwirbels als Übergangswirbel, wobei dieser teilweise (asymmetrisch,
Hemisakralisation) knöchern mit dem
Kreuzbein verbunden ist.
Es gibt verschiedene Formen. Die Verbindung kann eine feste knöcherne Verbindung sein oder ein Gelenk mit dem Kreuzbein/Becken bilden. Dadurch kann sich der 5. Lendenwirbel, je nach Ausformung des Wirbels, nicht richtig bewegen und die betroffenen Bandscheiben werden vorzeitig zerstört. Das hat mit einfachen "Rückenschmerzen" nichts mehr zu tun !
Bertolotti’s syndrome is an atypical "Cause of Low "Back Pain" in young people".
(Das Bertolotti’s Syndrom oder Bertolottisyndrom ist eine untypische Ursache für Lumbale
Rückenbeschwerden bei jungen Menschen". [1])
Aktueller Stand in Deutschland
2014/2015
1) Diese Form der Sakralisation wird derzeit meist übersehen, selbst durch empfohlene Neurochirurgen !
Bei mir hat es etwa 19 Jahre gedauert bis zur Diagnosestellung, obwohl ich drei verschiedene Orthopäden jahrelang bekniet habe, ein MRT zu machen, was mir sehr lange verweigert wurde, und obwohl ich in diesen 19 Jahren stets genau auf die entsprechende Stelle zeigen konnte. Im ersten MRT wurde die Fehlbildung dann übersehen. Die Radiologie war der Meinung, die Auswertung des MRTs müsse der behandelnde Orthopäde vornehmen, der jedoch gar nicht die Technik dafür besitzt. Dieser wiederum erklärte mir, die Radiologie müsse die Auswertung vornehmen. Mein Glück war, dass ein zweites MRT gemacht wurde und dieses von einem älteren Vertretungsarzt ausgewertet wurde, der eigentlich schon im Ruhestand ist.
2) Laut Lexikon handelt es sich um eine Form der Sakralisation.
Einer meiner behandelnden Neurochirurgen ist der Meinung, dass es keine Sakralisation ist.
3) In der Wikipedia gibt es bisher zwar Einträge zum Thema Übergangswirbel und Sakralisation,
aber keinen deutschsprachigen Eintrag zum Thema Bertolotti's Syndrom.
4) Der Name der sog. Assimilationsstörung stammt von dem italienischen Arzt und Röntgenologen Mario Bertolotti, der die Fehlbildung 1917 zum ersten Mal beschrieb und einen Zusammenhang vermutete. Wie ist es möglich, dass 1917, also noch vor Ende des ersten Weltkrieges, ein Arzt in Italien ohne die Möglichkeit eines MRT diese Fehlbildung beschreiben konnte, während es in Deutschland zwischen 1992 und 2011 selbst mit einem MRT übersehen wird?
Die Schriften von Mario Bertolotti oder eine englische Übersetzung konnte ich bisher leider nicht beschaffen.
Eine deutsche Übersetzung gibt es meines Wissens nicht.
5) Die Untersuchungen von Mario Bertolotti wurden nicht weiter verfolgt, da zu wenig betroffene
Patienten zur Verfügung standen. Einen Überblick über relvante Studien bis 2009 gibt eine Dissertation
zum Erwerb des Doktorgrades der Medizin an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-
Universität zu München von Susanne Seegmüller.
6) Derzeit gibt es einige neue Informationen zum Thema, darunter zwei aktuelle Studien aus Irland und Finnland, sowie Operationsberichte aus Japan. Die aktuellen Studien sind in englischer Sprache verfasst. Nach meiner Erfahrung ist es leider so, dass in Deutschland derartige Studien jahrzehntelang nicht beachtet und nicht übersetzt werden. Vorallem dann, wenn bei selteneren Erkrankungen kein gesamtwirtschaftliches Interesse besteht, wie es die Juristen formulieren. Absurderweise wird aber gleichzeitig argumentiert, wenn hier jeder mit Rückenschmerzen käme, dann würden die Kosten explodieren. Als würde es in diesem Fall um einfache Rückenschmerzen gehen (siehe auch meine Symptome).
Die aktuellen Studien werden von meinen behandelnden Ärzten aggressiv ignoriert. Keiner meiner Ärzte war bisher bereit, sich die Studien anzuschauen, selbst als ich Teile übersetzt habe und wichtiges mit Textmarker markiert habe, war niemand bereit sich die Informationen durchzulesen. Meine ehemalige Hausärztin hat eine Sichtung der Unterlagen abgelehnt, weil sie in englischer Sprache sind.
7) In aktuellen Zusammenfassungen wird angegeben, dass etwa 4-7 % der Patienten mit lumbalen Rückenbeschwerden einen Übergangswirbel aufweisen.
1. Wie sind solche Zahlen überhaupt möglich, wenn die Übergangswirbel so häufig übersehen werden?
2. Es gibt verschiedenste Formen von Übergangswirbeln. Diese werden derzeit meist alle in eine Schublade geworfen und weder ausreichend differenziert noch ausreichend erforscht, aufgrund ihrer Seltenheit und aufgrund von diagnostischen Hürden. Symmetrische und asymmetrische Formen werden nicht genügend unterschieden, obwohl das aus statischer Sicht im Bereich der Lendenwirbelsäule einen deutlichen Unterschied macht, insbesondere dann, wenn der Wirbel mit anderen Strukturen verwachsen ist. Bezüglich statischer Zusammenhänge haben die meisten Ärzte nach meiner Erfahrung erschreckende Defizite.
8) Nach meinen Recherchen sind Übergangswirbel bei Rassehunden besser erforscht, als beim Menschen.
9) Trotz massiver Beschwerden und Einschränkungen (siehe Beschreibung) wird ein GdB von 50 % nicht anerkannt, weil die Kriterien in den letzten Jahren verschärft wurden und weil das deutsche Recht mit stark schwankenden Symptomen und immer wiederkehrender zeitweiser Pflegebedürftigkeit nicht klar kommt, insbesondere bei seltenen oder kaum erforschten Erkrankungen.
Darüberhinaus werden bei der Beurteilung durch die entsprechenden Behörden nur eindeutig nachgewiesene Befunde berücksichtigt (manchmal nicht mal diese), und nicht die tatsächlichen Beschwerden. Eine Ausnahme bilden sogenannte psychische und psychosomatische Erkrankungen. Hier sind keinerlei Beweise nötig. Praktisch wird bei allen Erkrankungen eine solche Ursache automatisch angenommen, ohne dass ein Beweis oder eine Untersuchung notwendig ist. Psychologen und Psychiater können in Deutschland derartige Diagnosen stellen, ohne einen anständigen Beweis liefern zu müssen! Und nicht nur das. Mir haben bereits zwei Ärzte mitgeteilt, dass sie falsche psychosomatische Diagnosen stellen, um Hilfen beantragen zu können für ihre Patienten, die sie sonst nicht bekommen würden.
Dies führt dazu, dass bei schwerbehinderten oder schwer chronisch kranken Menschen in Deutschland die Schwerbehinderung zum Teil nicht anerkannt wird und dass sie obendrein als psychisch krank stigmatisiert werden. Die Betroffenen haben damit keinerlei Anspruch auf Hilfe und werden wie nichtbehinderte Menschen behandelt. Die Folgen sind bestürzend. Ich selbst wurde mehrfach hilflos in meiner Wohnung und einmal sogar auf dem Fußboden liegengelassen.
Zum Vergleich:
- Jemand der Alkoholkrank ist und meist selbst verantwortlich für seine Lage bekommt ohne Probleme einen GdB von 50%
- Menschen mit Hörbehinderung bekommen einen GdB von 100 %, auch dann, wenn sie mit Hörgerät relativ gut hören können.
10) Das deutsche Gesundheitssystem (Ärzte, Behörden, Krankenkassen, Hochschulen) verharrt in beschämender Ignoranz und Rückständigkeit gegenüber seltenen, nichtsichtbaren und unerforschten Erkrankungen, sowie Umwelterkrankungen, was weder einem zeitgemäßen noch einem christlichen Verhalten entspricht (siehe Geschichte, Gegenwart und Zukunft - wird noch ergänzt). Das ist unterlassene Hilfeleistung!
Die Arbeit, die ich hier tue, wäre eigentlich Aufgabe der Ärzte. Nun könnte man argumentieren, die Ärzte sind überfordert und haben keine Zeit. Aber das ist nach meiner Erfahrung nicht der alleinige Grund. Die meisten wollen gar nicht helfen, denn sie sind der Meinung, alle Erkrankungen sind psychosomatisch.
Sie weigern sich, ihren Patienten zuzuhören und deren Beschwerden anständig zu dokumentieren bzw. Gutachten zu schreiben. Sie lassen ihre Patienten monatelang auf Termine warten und dann bis zu 5 Stunden im Wartezimmer. Sie verweigern sogar Diagnostik und die Beschäftigung mit aktueller internationaler Forschung, insbesondere wenn sie von einem Patienten an sie herangetragen wird und in englischer Sprache verfasst ist. Sie weigern sich außerdem, wissenschaftliche Theorien kritisch zu hinterfragen. Die Mehrheit besitzt nichteinmal ein Mikroskop. Manche Ärzte sitzen in Praxen, die nicht barrierefrei sind und für gehbehinderte Menschen gar nicht oder nur schwer erreichbar sind. Darunter ironischerweise auch Orthopäden. Gerade durch dieses Verhalten verursachen Ärzte enorme Folgekosten.
"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!"
(Immanuel Kant, 1784)
Diese Seite ist noch im Aufbau und wird Stück für Stück ergänzt.
Autor:
2015 Carita Laurenzo
Quellen:
Bild 1: eigenes MRT
Bild 2: www.youtube.com/watch?v=8HjhLnaIvp0
Zitat 1: Quinlan JF, Duke D, Eustace S. Bertolotti's syndrome. A cause of back pain in
young people. J Bone Joint Surg Br 2006;88:1183-1186